#34 China leitet FAO & Schweinepest breitet sich aus

Kurz berichtet:

  • Ein führender Ökonom der Schweizer Bank UBS beschwor unlängst den Unmut der chinesischen Netzgemeinde auf sich.
  • Die afrikanische Schweinepest (ASF) breitet sich weiter in China aus.
  • Ein Chinese wurde zum Generaldirektor der Food and Agriculture Organisation (FAO) der Vereinten Nationen gewählt.

(Aktualisiert am 05.01.2023)

Schweinepest in China -Shitstorm fegt über UBS-Ökonom hinweg

Die Äußerungen eines UBS-Ökonomen zum grassierenden afrikanischen Schweinefieber (siehe auch #11) kamen in China gar nicht gut an.

In einem Podcast beantwortete der in Hongkong tätige Herr Donovan die Frage, ob die Seuche sich auf die weltweite Inflation auswirken werde mit der Aussage, “es ist wichtig, wenn man ein chinesisches Schwein ist. […] Es ist nicht wirklich wichtig für den Rest der Welt”.

Die Folge: Eine Protestwelle der Netzgemeinde, gefolgt von Boykottaufrufen bis zu Entlassungsforderungen. Der Banker wurde inzwischen auf den immensen Druck hin beurlaubt, berichtet die Welt.

Warum? Der Begriff “Chinesische Schweine” geht auf das sogenannte Jahrhundert der Demütigungen zurück und wurde hier als Angriff auf den chinesischen Nationalstolz instrumentalisiert.

Schweinepest breitet sich weiter in China aus

Stand der Dinge laut FAO: Seit dem ersten registrierten Fall im August 2018 wurden in China offiziellen Angaben zufolge bereits weit über eine Million Tiere gekeult. Die Seuche breitet sich währenddessen weiter nach Süden aus und wurde zuletzt in der Provinz Guizhou registriert (Stand: 20. Juni). Auch wurden neue Fälle in Vietnam und Kambodscha gemeldet, Massenschlachtungen sind dort die Folge.

In China leben und sterben über 430 Millionen Hausschweine, was in etwa der Hälfte der weltweiten Bestände entspricht.

Von bis zu 200 Millionen nötigen Schlachtungen ist laut Welt die Rede und zitiert dabei eine Studie der Rabobank, wonach 2019 Einbußen von 25% bis 35% drohen.

Schweinepest ASF – Deutsches Schweinefleisch für China

In China rechnet man aufgrund der Seuche weiter mit Preisanstiegen. Die FAZ berichtete Ende Mai von den negativen Auswirkungen der Schweinefleischkrise im Zucht- und Verzehrland Nr.1. Die Preise für Schweinefleisch seien dort zuletzt bereits um bis zu 50% gestiegen, weil bereits zig Millionen Tiere getötet werden mussten.

Die Not der einen birgt bekanntlich vermeintliche Vorteile für andere, z.B. für die hiesige Borstentierindustrie. Das baldige Wegfallen bestehender Importbeschränkungen für Schweinefleisch “Made in Germany” könnte zu vermehrten Lieferungen ins Reich der Mitte führen.

Die Chinesische Regierung plant für dieses Jahr mit Fleischimporten in Höhe von 1,7 Millionen Tonnen. Im kommenden Jahr sollen es 2,1 Millionen Tonnen sein. Auch wird chinesischen Medien zufolge bereits auf Hochtouren an einem Impfstoff geforscht.

Diese Entwicklungen dürften auch hierzulande für Ottonormalverbraucher zu steigenden Preisen führen, wenn das Schweinefleisch aufgrund der fernöstlichen Fleischeslust knapper wird.

China baut Einfluss in den Vereinten Nationen aus

Apropos FAO: Die Landwirtschafts- und Ernährungsbehörde der Vereinten Nationen hat nach acht Jahren einen neuen Chef. Der mit breiter Mehrheit frisch gewählte Generaldirektor kommt aus China und heißt Qu Dongyu. Im Vorfeld der Wahl war in den Medien von einem Machtkampf zwischen dem Westen und China die Rede.

Laut FAZ warnten EU-Fachleute im Vorfeld vor einer drohenden Instrumentalisierung der Behörde mit Sitz in Rom. Man befürchte, die FAO könne als Teil der globalen Expansionsstrategie zu einem “Instrument chinesischer Außen- und Entwicklungspolitik” umgestaltet werden. In Fragen der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes erwarte man mit dem Chinesen an der Spitze eher Rück- als Fortschritte.

Aus Pekinger Sicht verlief die Wahl höchst erfolgreich. Qu Dongyu erhielt 108 der insgesamt 191 abgegebenen Stimmen und konnte sich bereits im ersten Wahlgang klar gegen seine beiden Konkurrenten durchsetzen. Damit wird diese UN-Organisation erstmals von einem Chinesen geführt.

Medienberichten zufolge nutzte die Führung in Peking ihren inzwischen beträchtlichen Einfluss sowie die ihr zur Verfügung stehenden (Druck-)Mittel, um sich die nötigen Stimmen zu sichern. Als Beweis für die Linientreue sollen u.a. abfotografierte Stimmzettel gefordert worden sein.

Kommentar:

Die Wahl des Herrn Qu an die Spitze der FAO ist ein weiterer klarer Beleg für die Verschiebung der Kräfte von West nach Ost. Lange schon baut das Politbüro in Peking beharrlich seinen internationalen Einfluss aus, arbeitet an der Umgestaltung bestehender Institutionen oder gründet Parallelinstitutionen selbst. Unsummen wurden hierfür in den letzten Jahrzehnten weltweit investiert. Nach und nach erntet man nun die Früchte dieser Bemühungen.

Einerseits ist die Forderung der Volksrepublik nach mehr Einfluss in internationalen Organisationen legitim. Andererseits bleibt fraglich wie, also mit welchen Mitteln dieser gestiegene Einfluss zustande kommt, und wofür, also wessen Interessen der neue Einfluss letztlich dient.

In den nächsten vier Jahren wird sich zeigen, wie die FAO unter chinesischer Führung mit der Schweinepest und anderen Herausforderungen umgehen wird. Die oben genannten Zahlen zeigen die Dimensionen und machen deutlich, das Natur- und Umweltschutz überhaupt nur nachhaltig funktionieren können wenn es gemeinsame, weltweite Anstrengungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen gibt.

Chinesische Ansätze basieren hingegen zumeist auf der Entwicklung und dem Einsatz neuer Technologien zur Lösung bestehender Probleme. In der Landwirtschaft setzt das Land stark auf den Einsatz von chemischen Düngemitteln, Pestiziden und Herbiziden. Auch beim Einsatz von Gentechnik und Biotechnologie ist China führend.

Schweinepest in China symptomatisch 

Den weltweiten Fleischverzehr betreffend kann eigentlich nur weniger mehr sein. Die Lust auf unverhältnismäßig günstiges (Schweine-)Fleisch aber ist hierzulande wie auch in China ungebrochen. Dort nimmt der Appetit mit dem zunehmenden Wohlstand der wachsenden Mittelschicht weiter zu (siehe auch #1). Allesamt schlechte Aussichten für Tiere, Böden, Gewässer und Lebensräume im Allgemeinen.

Das chinesische Internet und die zahlreichen nationalistischen Reaktionen, wie zuletzt gegen den UBS-Banker, veranschaulichen, wie das Netz gezielt für ideologische Zwecke instrumentalisiert wird. Ganz allgemein geht die Entwicklung im digitalen Raum immer weiter in Richtung Abkapslung vom Rest der Welt. Was innerhalb des chinesischen Intranets geschieht, steht so gesehen im Widerspruch zu den Reden von der Schicksalsgemeinschaft der Menschheit, Bekenntnissen zum Multilateralismus und Versprechen von Win-win Situationen.

Mehr dazu:

WELT:  Drohende Schweinefleisch Inflation

FAZ: Schweinepest und deutsche Bauern

FAZ: Qu Dongyu übernimmt Führung der FAO  

ARD: Preisanstieg beim Schweinefleisch

WELT: UBS Ökonom sorgt für Empörung

FAO: Informationen zur Schweinepest

SCMP: Qu elected to head FAO


 

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