Bundestagswahl 2025: China-Politik von Die Linke (#135)

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Spitzenkandidat Jan van Aken im Spiegel-Gespräch, Januar 2025. Screenshot: Spiegel Online.

Es gibt zahllose Konflikte in der Welt, die sich zu einem System von Weltneuordnungskriegen zusammenfügen. Die alten Großmächte USA, EU und Japan mischen in diesen Auseinandersetzungen massiv politisch und militärisch mit. Die neuen globalen Player China und Russland, auch Indien, agieren darin mit eigenen imperialen Interessen. Die Gefahr neuer Kriege wächst kontinuierlich.

Alle wollen regieren. Wir wollen verändern, Die Linke 2025.

Bundestagswahl 2025: China-Politik von Die Linke

Mit den Worten Alle wollen regieren. Wir wollen verändern beginnt das 60-seitige Wahlprogramm der Partei Die Linke. Im Entwurf des Wahlprogramms fand China nur drei Mal Erwähnung, in dessen Endfassung wird die Volksrepublik insgesamt sechs Mal thematisiert.

Die Linke versteht sich als Friedenspartei, für die „Krieg kein legitimes Mittel der Politik“ ist und die stattdessen auf Diplomatie setzt. Im Abschnitt Frieden ist möglich fordert Die Linke eine Außenpolitik,

die immer nach friedlichen, zivilen Lösungen sucht und nicht mit dem Finger am Abzug denkt. Eine Außenpolitik, für die Menschenrechte unteilbar sind und bei der keine doppelten Standards gelten.(S.18)

Deutschland und die EU tragen durch wirtschaftliche Abhängigkeiten, Waffenexporte und die Unterstützung autoritärer Regime in verschiedenen Teilen der Welt oft selbst dazu bei, Konflikte zu verschärfen.(S.21)

Den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine verurteilt Die Linke, fordert aber einen Strategiewechsel:

Statt immer mehr Waffenlieferungen braucht es endlich eine gemeinsame Initiative der Bundesregierung und der EU mit China, Brasilien und anderen Staaten des globalen Südens, um Russland an den Verhandlungstisch zu bringen. Gezieltere Sanktionen, die direkt auf die Kriegskasse des Kreml zielen und nicht gegen die russische Bevölkerung gerichtet sind können ein wichtiges Druckmittel für einen gerechten Frieden für die Ukraine sein. Auch gezielte Sanktionen gegen Personen, die sich direkt oder indirekt an Kriegsverbrechen beteiligt haben, können dabei helfen, diplomatischen Druck aufzubauen.

Im Krieg in der Ukraine zeigt sich, wie gefährlich die Konfrontation zwischen den geopolitischen Machtblöcken geworden ist. Das Machtgefüge der Welt verschiebt sich. Die Vormachtstellung des Westens, insbesondere der USA, wird durch neue Blöcke, wie die BRICS-Staaten, infrage gestellt. Dabei versuchen alle Akteure, mir allen Mitteln mehr Einfluss zu gewinnen und vorhandenen Einfluss gewaltsam zu verteidigen. Wir verurteilen dieses Denken und Handeln, in der Ukraine, im Nahen Osten und in allen Krisengebieten der Welt. Wir wollen, dass die Menschen in der Ukraine selbstbestimmt, demokratisch und souverän über ihr Zusammenleben entscheiden können – genauso wie in Palästina, Kurdistan und überall auf der Welt.(S.19)

Zwei Mal beruft sich Die Linke in ihrem Wahlprogramm auf die „Initiative“ Chinas, „um endlich einen Friedensprozess für die Ukraine zu ermöglichen“.

Als Voraussetzung für eine „gemeinsame Sicherheitsarchitektur unter Einbezug von China, Indien und Russland“ nennt die Partei Konfliktlösungen auf politischem Weg, Deeskalation und ein Ende des Rüstungswettlaufs.

Die NATO („reines Militärbündnis zur Durchsetzung nationaler und wirtschaftlicher Interessen“) sei für eine europäische Sicherheitspolitik nicht geeignet:

Kein Kalter Krieg 2.0, sondern eine OSZE 2.0, das ist unsere Vision eines friedlichen Europas.(S.18)

Mit Blick auf die EU fordert Die Linke eine

Friedensunion, die Demokratie fördert und in globale Gerechtigkeit investiert statt in Konfrontation. Wir treten für Entspannungspolitik ein und wollen die Militarisierung Europas stoppen.(S.24)

Zuletzt wird China im Zusammenhang mit einer linken Industriepolitik erwähnt. Die Linke stellt fest:

Ohne Importe aus China kann in Deutschland keine Solaranlage und kein Windrad mehr errichtet werden.

Darum wollen wir die Produktion für den Binnenmarkt und die Herstellung nachhaltige Güter stärken. Wir setzen uns für die zivile und ökologisch nachhaltige Konversion der Industrieproduktion ein. Zentral ist der Umbau der Rüstungsindustrie in Richtung Friedensproduktion und die Weiterentwicklung der Automobilindustrie im Rahmen einer aufzubauenden Mobilitätsindustrie, für die der Staat durch Investitionen in die Verkehrswende die Nachfrage schaffen muss. […] Wir wollen regionale Wirtschaftskreisläufe aufbauen und dadurch Transport-Emissionen reduzieren: Wir wollen, dass Produkte möglichst nah an dem Ort hergestellt werden, wo sie gebraucht werden. Lieferketten werden kürzer, zuverlässiger und belasten die Umwelt weniger. Anstatt Industriekomponenten um die Welt oder quer durch Europa zu schicken, um die billigsten Löhne auszuschöpfen, wollen wir integrierte Produktionsabläufe stärken.(S.26)

Mitteilungen der KP zu China

Und dann gibt es noch die Mitteilungen der Kommunistischen Plattform. Dort erschien im Oktober 2024 ein Beitrag zum 75. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China und dem 90. Jahrestag „des Aufbruchs zum langen Marsch: zwei Eckpunkte des globalen Wandels“. Aufbauend auf eine Rede von Außenminister Wang Yi beschreibt der Autor China als weise und friedliche Großmacht.

So kümmert sich – wird der Welt mitgeteilt – ein Staat um seine und der Welt Zukunft, der allen Grund hat, seine 75 Jahre als wichtige Etappe auf dem Weg heraus aus kolonialer Unterdrückung und Ausbeutung hin zur Wiedererlangung eines gleichberechtigten Plat­zes auf der Welt zu feiern. Und so äußert sich – kann der aufgeschlossene Mensch in der Grundierung dieses Programms erkennen – ein Staat, der diese 75 Jahre fest einge­bettet sieht in die viel längere chinesische Geschichte insgesamt wie auch in deren viel längeres Verquicktsein mit der Geschichte der Welt.

Die „bisherige Antwort des Westens auf diesen globalen Wandel“ und eine „chinesische Weltpolitik“ sei geprägt von „Ignoranz, Dünkel und »systemischer« Feindseligkeit“ und „so kurzsichtig wie selbstzerstörerisch“.

China-Politik von Die Linke 2025

Im Wahlkampf spielt die Auseinandersetzung mit China für Die Linke keine besondere Rolle. Den üblichen Dreiklang aus Partner, Wettbewerber, Systemrivale findet man hier nicht. Die Partei setzt vor allem auf innenpolitische Schwerpunkte rund um die soziale Gerechtigkeit. „Reichtum teilen. Preise senken. Füreinander“ lautet der Untertitel des Wahlprogramms.

Außenpolitik betrachtet die Partei nicht aus der Perspektive „des Generals, sondern der betroffenen Menschen“. Das Thema Frieden ist mit gut 30 Erwähnungen ein deutlicher Schwerpunkt linker Politik.

Neben globaler sozialer Gerechtigkeit und Frieden ist die Überwindung des Kapitalismus eine weitere Vision der Linken. Im Grußwort des Programms schreibt das Führungsduo „Heidi&Jan“:

Wir glauben, dass der Kapitalismus nicht das Ende der Geschichte ist und die Demokratie es wert ist, verteidigt zu werden. Wir kämpfen für den demokratischen Sozialismus.(S.5)

Mit dem Eintreten „für eine Alternative zum kapitalistischen System“ besteht eine ideologische Nähe zum politischen System der Volksrepublik China sowie den Zielen der Kommunistischen Partei.

Die Linke ist solidarisch mit den Menschen, Bewegungen, Organisationen, Parteien und Regierungen, die sich für einen eigenständigen Entwicklungsweg jenseits kapitalistischer Profitlogik und gegen imperialistisches Hegemoniestreben einsetzen.(S.25)

Chinas „eigenständiger Entwicklungsweg“ gilt hier oftmals als eine erfolgreiches Gegenmodell. Nicht nur von linken Parteien wird dieser gerne als nachahmenswerte Alternative gepriesen. Auch Kapitalisten und selbst sogenannte Klassenfeinde, beispielsweise in Form mächtiger deutscher Wirtschaftsvertreter, verfallen nicht selten ins Schwärmen beim Gedanken an all den Fortschritt (Stichwort Shenzhen Speed) und die unbegrenzt scheinenden Möglichkeiten im Reich der Mitte.

Gregor „Silberlocke“ Gysi anlässlich des 200. Geburtstags von Karl Marx über dessen Erbe, seine Bedeutung in der Gegenwart, und Herrn Gysis letzte China-Reise.

Weitere Beiträge zur China-Politik deutscher Parteien

#40 China-Politik deutscher Parteien – Die Linke

Quellen

Die Linke, Wahlprogramm, https://www.die-linke.de/bundestagswahl-2025/wahlprogramm/#c80689.

Die Linke, Mitteilungen der Kommunistischen Plattform, https://kpf.die-linke.de/mitteilungen/detail/75-jahre-volksrepublik-china-und-90-jahrestag-des-aufbruchs-zum-langen-marsch-zwei-eckdaten-des-globalen-wandels/.

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