#119 Xi Jinping trifft Emmanuel Macron – Frankreich und China

Xi Jinping Europa-Reise 2024
Frau von der Leyen, Herr Macron und Herr Xi, 2023. © European Union, 2024, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons

First of all, and this is one of my main objectives in welcoming President Xi Jinping, we must do everything we can to engage China on major global issues, and discuss economic relations that are based on reciprocity.

Emmanuel Macron, The Economist, 2. Mai 2024

I developed a keen interest in French culture and particularly French history, philosophy, literature and art when I was a young man.

Xi Jinping, Xinhua, 04. Mai 2024

Xi Jinping trifft Emmanuel Macron – China-Politik von Frankreich

Am 5. Mai landete Chinas Staats- und Regierungschef Xi Jinping in Paris, der ersten Station seines ersten Staatsbesuchs in Europa seit fünf Jahren. Bis zum 10. Mai wird die Delegation um Herrn Xi, seine Gemahlin Peng Liyuan, Cai Qi, Mitglied des Politbüros, und Außenminister Wang Yi Frankreich, Serbien und Ungarn besuchen.

Für Montag ist ein Empfang im Élysée-Palast geplant, an dem auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilnehmen wird. Tags darauf steht ein Besuch des Bergkurorts La Mongie in den Pyrenäen auf dem Programm, der Heimat der Großmutter des französischen Präsidenten.

Offizieller Anlass für den Staatsbesuch ist das 60-jährige Bestehen der diplomatischen Beziehungen zwischen Frankreich und der Volksrepublik China. Als erstes westliches Land (und zum Ärger der USA) brach Charles de Gaulle Anfang 1964 die Beziehungen zur Republik China (Taiwan) ab und erkannte die Volksrepublik China unter Mao Zedong als alleinige Vertreterin Chinas an. Die zwei Atommächte und Mitglieder des UN-Sicherheitsrats pflegen seit 2004 eine „globale strategische Partnerschaft“.

In beiden Ländern wird 2024 mit zahlreichen Veranstaltungen als französisch-chinesisches Jahr des Kulturtourismus gefeiert.

China: Partner, Wettbewerber, Systemrivale

Wirtschaftlich sind die beiden Länder eng verbunden. Den Handelsstatistiken von Eurostat zufolge lag Frankreich 2023 mit Importen aus China im Wert von rund 42 Milliarden Euro an vierter Stelle der EU-Staaten. Nach China exportiert wurden im gleichen Jahr französische Waren im Wert von rund 25 Mrd. Euro, Platz 2 hinter Deutschland mit rund 97 Mrd. Euro. Das Handelsdefizit war 2023 mit 17 Mrd. Euro das siebtgrößte innerhalb der EU.[1]

Politisch wird es von französischer bzw. europäischer Seite vor allem um zwei Streitthemen gehen.

  • Chinas Verhältnis zu Russland und das Potential der Volksrepublik, auf eine Weise auf den russischen Machthaber einzuwirken, die den Vorstellungen des Westens entgegenkommt.
  • Handel und ein „Level Playing Field“. In den Handelsbeziehungen stehen die Zeichen auf Protektionismus, Souveränität und „De-Risking“. Die EU bereitet Medienberichten zufolge die baldige Einführung von Strafzöllen gegen chinesische E-Autos vor. China hat bereits eine Untersuchung gegen EU-Importe von Weinbrand eingeleitet, wovon französische Cognac-Hersteller besonders betroffen sind.

Betont wird von beiden Seiten die Zusammenarbeit bei Umwelt-, Klima- und Artenschutz. Während der Corona-Pandemie führten der französische Präsident gemeinsam und die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel mehrere Videokonferenzen mit Chinas Staatschef zur chinesisch-europäischen Zusammenarbeit im Bereich Klimawandel.

Diese Kooperationen können nicht über die Differenzen bei den beiden Hauptthemen hinwegtäuschen. Während seines dreitägigen Staatsbesuchs in China im April vergangenen Jahres hatte Herr Macron bereits versucht, China dazu zu bewegen, Einfluss auf Russland zu nehmen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reiste ebenfalls nach Peking und nahm an den Gesprächen teil.

In den letzten beiden Jahren fand auch ein intensiver Austausch mit hochrangigen Vertretern der KP statt, unter anderem mit persönlichen Reisen nach Frankreich von Premierminister Li Qiang, Außenminister Wang Yi oder dem Sondergesandten für Eurasien, Li Hui.

Bis auf die Bereitschaft zum Austausch sind diese Treffen bisher ohne großen Durchbruch geblieben. China hat die Zusammenarbeit mit Russland nicht ab-, sondern beharrlich weiter ausgebaut. Kritik an der staatlichen Industriepolitik lässt man abperlen und münzt diese um. Dies verdeutlicht einmal mehr die unterschiedlichen Interessenlagen zwischen Frankreich und der EU auf der einen, und der Volksrepublik auf der anderen Seite.

Präsident Macron will nicht zwischen zwei Blöcken zerrieben werden

Anfang Mai führte der Economist ein ausführliches Gespräch mit dem französischen Präsidenten. Im Verhältnis zu China gehe es um Pragmatismus und die Berücksichtigung der eigenen strategischen Interessen, so Herr Macron. Vor allem wolle er alles mögliche tun,

um China in wichtigen globalen Fragen einzubeziehen und wirtschaftliche Beziehungen zu erörtern, die auf Gegenseitigkeit beruhen.

Herr Macron spricht sich dafür aus,

dass China ein Mitspracherecht bei der Stabilität der internationalen Ordnung hat.

Frankreich und Europa müssten mit China zusammenarbeiten, „um Frieden zu schaffen.“ Kriege, Konflikte und nukleare Bedrohungen, allesamt Gefahren für die internationale Ordnung, „liegen heute nicht in Chinas Interesse.“ Er wünsche sich mehr Zusammenarbeit beim Thema nukleare Abrüstung, dies sei im „objektiven Interesse“ Chinas.

Als nächsten wichtigen Punkt nennt er die wirtschaftlichen Beziehungen. Hier habe der Westen sich China gegenüber „nicht immer klar ausgedrückt, weil die europäischen Interessen nicht immer klar waren.“ Zudem habe sich der chinesische Markt weiterentwickelt, während Chinas Aufnahme in die Welthandelsorganisation (WTO) nicht dazu geführt hat, dass das Land „in Einklang mit internationalen Regeln“ agiert. Deshalb setze er sich schon lange für eine Reform der WTO ein und fordert, dass Frankreich und die EU sich China gegenüber

in Bezug auf den Handel respektvoll verhalten müssen, aber in einer Weise, die unsere Interessen verteidigt, auf Gegenseitigkeit beruht und die nationale Sicherheit fördert.

Europäische nationale Sicherheit und Souveränität sind zentrale Themen für Emmanuel Macron. Die geopolitische Rolle seines Landes und der EU sieht er folgendermaßen:

Ich will meine Autonomie behalten und mit allen anderen reden. Ich will nicht zwischen zwei Blöcken zerrieben werden.[2]

Video: Macron on China’s aggression toward Taiwan | 60 Minutes (Dezember 2022)

Xi Jinping vor dem Besuch bei Emmanuel Macron: China und Frankreich haben Führungsrolle

Ein Blick auf Chinas offizielle Rhetorik zu den bilateralen Beziehungen. In einer 90 sekündigen Videoaufzeichnung vom Januar betonte Xi Jinping, die chinesisch-französischen Beziehungen stünden für China seit 60 Jahren stets an vorderster Stelle beim Austausch mit westlichen Staaten. Dieser Austausch beschränke sich nicht nur auf Handel, von Hightech bis Handwerk, sondern sei ein Vorbild für die Welt beim gegenseitigen Lernen zwischen den Zivilisationen der Welt. Xi Jinping hob die Zusammenarbeit im Umweltbereich und die Führungsrolle beider Ländern bei der Bewältigung globaler Krisen hervor.

Nach seinem Aufenthalt bei Emmanuel Macron in Frankreich wird Staats- und Regierungschef Xi Jinping aus China in Serbien erwartet.

Mehr zum Thema/Quellen

Chinese President Xi starts state visit to France:

 

Beitrag zu Xi Jinpings letztem Staatsbesuch in Europa von 2019.

#20 Xi Jinping zu Besuch in Europa

#20 – Xi Jinping zu Besuch in Europa – Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel

ZEIT: Macron und von der Leyen fordern Xi zu fairem Handel auf

[1] Eurostat. https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=China-EU_-_international_trade_in_goods_statistics#Trade_with_China_by_EU_Member_State.

[2] Economist. https://www.economist.com/europe/2024/05/02/emmanuel-macron-in-his-own-words-english

Sinoskop abonnieren, keinen neuen Beitrag verpassen & exklusiv „Die Woche im Sinoskop“ erhalten!
Du erhältst etwa 1-2 Emails pro Woche. Die Abmeldung ist jederzeit möglich.
Die gespeicherte E-Mail-Adresse wird nicht an Dritte weitergereicht, es werden keine weiteren Daten erhoben oder gespeichert. Weitere Informationen zum Datenschutz findest Du in der Datenschutzerklärung.

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*