#78 China-Politik der USA unter Joe Biden

Joe Biden USA China-Politik
Joe Biden in China (2011)

The best China strategy, I think, is one which gets every one of our – or at least what used to be our – allies on the same page. It’s going to be a major priority for me in the opening weeks of my presidency to try to get us back on the same page with our allies.

Joe Biden, New York Times, 20.12.2020

(Aktualisiert am 18.03.21)
China-Politik der USA unter Joe Biden

Am 20. Januar tritt Joe Biden das Amt als 46. Präsident der Vereinigten Staaten an. Als US-Präsident strebt Biden, anders als sein Vorgänger, globales Engagement und eine neue (alte) Führungsrolle der USA an. Auch Biden steht für eine „America First“-Politik, allerdings eingebunden in internationale Allianzen und als Teil multilateraler Organisationen.

Die Aufgaben für seine Amtszeit lassen sich national wie international interpretieren:

Joe Biden USA China-Politik


#70 Präsidentschaftswahl in den USA 2020 – Kommentar


China & USA: “America First” auch mit Präsident Biden

Im Gespräch mit der NYT umreißt Herr Biden seine China-Strategie für die USA. Eines Rücknahme der durch die Vorgängerregierung verhängten Strafzölle sei vorerst nicht geplant (25% auf etwa die Hälfte der aus China eingeführten Güter). Auch das bilaterale Handelsabkommen, der „Phase One”-Deal, soll in Kraft bleiben (China sagte zu, in den Jahren 2020/2021 US-Waren im Wert von ca. $200 Milliarden zu kaufen).

Eines von Bidens erklärten Zielen ist eine Handelspolitik, welche Chinas „missbräuchliche Handelspraktiken“ unterbindet (Diebstahl geistigen Eigentums, Billigartikel, staatliche Firmensubventionen, Technologietransfers).

Der Schlüssel zum Erreichen dieser Ziele seien geeignete „Druckmittel“ (leverage). Diese „Hebel“ müsse sich Amerika aber erst wieder verschaffen. Herr Biden wünscht sich einen parteiübergreifenden Konsens für eine „good old American industrial policy“. Gemeint ist damit eine bessere Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der Volksrepublik durch massive Investitionen des Staates in Forschung&Entwicklung, Infrastruktur und Bildung.

China-Kompetenz der Biden-Administration

Zur Umsetzung dieser neuen China-Politik wurden zahlreiche Persönlichkeiten nominiert. Die Regierung Biden wird vielfältiger sein als die vorherige. Nachfolgend eine Auswahl.

Secretary of State / Außenministerium

Der alte: Noch-Außenminister Mike Pompeo verabschiedet sich mit einer Tirade von Anti-China-Tweets – garniert mit zahlreichen „America First“-Tweets – von seinem Amt und offiziellen Twitter-Regierungskonto.

Der neue: Antony Blinken. Herr Blinken ist Diplomat und ein langjähriger Vertrauter und Mitarbeiter Bidens.

In einem Webinar der US-Handelskammer erläutert Blinken die Themen „Außenpolitik, Welthandel und nationale Sicherheit“ der neuen Regierung. Stichwort „leverage“:

Bei der Herausforderung durch China geht es weniger um ihre Stärken als vielmehr um unsere selbstverschuldeten Schwächen.

Des Weiteren (ver-)spricht Blinken eine Rückkehr der USA an die Verhandlungstische internationaler Organisationen. Er wirbt für eine Allianz Gleichgesinnter, um Druck auf China auszuüben, und betont die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit der USA mit China in den Bereichen Gesundheit, Klima und (nuklearer) Abrüstung.

Secretary of the Treasury / Finanzministerium

Der alte: Steven Mnuchin. Finanzminister Mnuchin war einer der Verhandlungsführer des „Phase One Agreement“ vom Dezember 2019.

Die neue: Janet Jellen. Die Finanz- und Arbeitsmarktexpertin war als erste Frau Vorsitzende des Rats der Wirtschaftsberater (Council of Economic Advisors) und leitete von 2014-2018 als erste Frau die Federal Reserve (US-Notenbank).

Auf einer Veranstaltung der Credit Suisse äußerte sich Frau Jellen 2018 besorgt über den unilateralen Kurs der USA:

There are some valid trade issues with China, and perhaps with Europe, but we’ve always approached dealing with these issues in an orderly way respective of WTO principles and long-established principles of trade.

(Es gibt einige berechtigte Handelsprobleme mit China und vielleicht auch mit Europa, aber wir haben uns immer bemüht, diese Probleme auf eine geordnete Art und Weise zu lösen, die den WTO-Prinzipien und den seit langem etablierten Handelsprinzipien entspricht.)

In ihrer Eröffnungsrede auf dem Asian Financial Forum 2020 in Hong Kong äußerte Frau Jellen Zweifel an der Wirksamkeit des “Phase One“-Deals und warnte, dass “ungelöste Spannungen über Technologie die Welt spalten und die Entwicklung von künstlicher Intelligenz und 5G verlangsamen könnten.“

National Security Advisor / Nationaler Sicherheitsberater

Der alte: Robert C. O‘Brien. Das Vermächtnis des nationalen Sicherheitsberaters O‘Brien ist die Herausgabe der gesammelten Reden zu China – dem „bedeutendsten Wechsel der Außenpolitik seit einer Generation“. Titel des Werks: „Trump On China – Putting America First“.

For decades, Donald J. Trump was one of the few prominent Americans to recognize the true nature of the Chinese Communist Party and its threat to America’s economic and political way of life.

(Jahrzehntelang war Donald J. Trump einer der wenigen prominenten Amerikaner, die die wahre Natur der Kommunistischen Partei Chinas und ihre Bedrohung für Amerikas wirtschaftliche und politische Lebensweise erkannten.)

Der neue: Jake Sullivan. Der Politikwissenschaftler und Jurist war bereits während der Präsidentschaft Barack Obamas als hoher Regierungsbeamter tätig.

Anders als seine Vorgänger unter Trump fordert Herr Sullivan einen sicherheitspolitischen Kurswechsel: Weg von einer „Logik des Kalten Kriegs“ hin zu „Lehren aus dem Kalten Krieg.“

Eine neue China-Strategie beschrieb Herr Sullivan Ende 2019 als Mitverfasser eines Beitrags in Foreign Affairs. Das Ziel amerikanischer China-Politik sollte sein, „günstige Bedingungen für die Koexistenz mit Peking in vier wichtigen Wettbewerbsbereichen zu schaffen – militärisch, wirtschaftlich, politisch und ‚global governance‘”. So könne man die Interessen der USA sichern, „ohne die Art von Bedrohungswahrnehmung auszulösen, welche die Rivalität zwischen den USA und der Sowjetunion charakterisierte.“

Als unerlässliche Faktoren für eine erfolgreiche China-Strategie der USA sieht Sullivan multilaterale Allianzen. Im Umgang mit China plädiert er für eine „Balance zwischen Kooperation und Wettbewerb“, eine Koexistenz „ohne Katastrophe.“

U.S. Trade Representative / Handelsbeauftragte

Der alte: Robert E. Lighthizer. Herr Lighthizer war Mitverhandler des „Phase One“-Abkommens und gilt als China-Falke. Der neuen Regierung empfiehlt er die Beibehaltung sämtlicher Strafzölle.

“Wir haben die Art und Weise verändert, wie die Menschen über China denken”, sagte Lighthizer dem Wall Street Journal. Er fordert eine China-Politik, „die über den geopolitischen Wettbewerb zwischen den Vereinigten Staaten und einem Gegner nachdenkt – einem wirtschaftlichen Gegner.”

Die neue: Katherine Tai. Die Juristin bringt langjährige politische Erfahrung als hochrangige Regierungsberaterin für Handelsfragen mit. Als Tochter taiwanesischer Immigranten ist sie bestens mit chinesischer Kultur vertraut. Sie fordert einen „nüchternen Blick“ auf die „Herausforderungen, Risiken und Bedrohungen“ durch China und erhofft sich passende (überparteiliche) Maßnahmen durch eine Regierung Biden.

Die chinesische Staatszeitung Global Times stellte sich sogleich gegen die Vereinnahmung Tais aufgrund ihrer Herkunft durch „pro-separatistische“ Zeitungen auf Taiwan und stellte klar, dass „ihre Eltern und Großeltern vom chinesischen Festland stammten.“

Kommentar

Ob die Amtseinführung am 20. Januar ohne Zwischenfälle vonstatten geht, muss sich noch zeigen. Sicher ist: Die Auseinandersetzung mit China wird auch für die neue US-Regierung einer der bestimmenden Schwerpunkte der nächsten Jahre sein und bleiben.

Der dabei angeschlagene Ton wird unter Joe Biden ein anderer sein, gekämpft werden wird jedoch weiterhin mit harten Bandagen. Geht es doch um nicht weniger als die politische, wirtschaftliche, militärische, technologische und kulturelle Vorherrschaft im 21. Jahrhundert.

China-Politik der USA unter Joe Biden im Jahr 2021

Anfang März veröffentlichten die USA ihre vorläufige Nationale Sicherheitsstrategie. Der zukünftige Umgang mit China ist einer der Hauptpunkte des Papiers.

WELT: „Autoritarismus auf dem Vormarsch”

Die vorläufige Nationale Sicherheitsstrategie der Regierung Biden wurde veröffentlicht: „Das Weiße Haus betonte in der Leitlinie, die USA würden nie davor zurückschrecken, militärische Gewalt einzusetzen, wenn es zur Verteidigung lebenswichtiger nationaler Interessen notwendig sei.”

WHITEHOUSE: Interim National Security Strategic Guidance

Das Dokument in voller Länge.


Zur China-Politik der USA unter Donald Trump, siehe auch:

#60 China-Politik der USA unter Donald Trump (I)

#60 ½ China-Politik der USA unter Donald Trump (II)

#63 China-Politik der USA: Stimmen der Anderen


Beitragsbild:

David Lienemann, Public domain, via Wikimedia Commons

 

Sinoskop abonnieren, keinen neuen Beitrag verpassen & exklusiv „Die Woche im Sinoskop“ erhalten!
Du erhältst etwa 1-2 Emails pro Woche. Die Abmeldung ist jederzeit möglich.
Die gespeicherte E-Mail-Adresse wird nicht an Dritte weitergereicht, es werden keine weiteren Daten erhoben oder gespeichert. Weitere Informationen zum Datenschutz findest Du in der Datenschutzerklärung.

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*