#104 China-Deutschland: Außenminister Qin Gang auf Europareise

🇩🇪🇫🇷 Außenpolitik Hand in Hand für #Europa: @MinColonna empfängt den 🇨🇳 Außenminister heute in Paris, ich sprach gestern mit ihm in Berlin. Hier wie dort hört er die gleiche europäische Botschaft: Wir wollen kein De-Coupling, aber ein De-Risking im Umgang mit #China

Außenministerin Annalena Baerbock, 10.05.2023, via twitter

China-Deutschland: Außenministertreffen zwischen Qin Gang und Annalena Baerbock

Qin Gang 秦刚, chinesischer Außenminister, war am 9. Mai zu Besuch in Berlin und traf sich mit seiner Amtskollegin Annalena Baerbock. Während des Treffens sollten die für Ende Juni geplanten bilateralen Regierungskonsultationen zwischen Deutschland und China vorbereitet werden.

Nach dem G20-Außenministertreffen im indischen Goa im März und ihrer Reise nach China im April trafen sich Frau Baerbock und Herr Qin nun zum dritten Mal innerhalb von drei Monaten.

Die deutsche Außenministerin bemühte sich während der gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem chinesischen Amtskollegen um ein freundliches Klima. Gemeinsam sei man vor wenigen Wochen mit dem Zug von Tianjin nach Peking gefahren und sie hoffe, man könne dieses Tempo zukünftig beibehalten. Das war es dann auch schon mit Höflichkeiten. Wie zuletzt in Peking wurden weiter unterschiedliche Standpunkte ausgetauscht und dabei die Differenzen deutlich.

Deutlich werden die Unterschiede auch bei dem, worauf die jeweilige Seite besonderen Wert legt und was sie betont. Deutschland fordert vor allem, dass die Volksrepublik als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, sowie als Nachbar und engster Partner, mehr Einfluss auf Russland nimmt, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. China sieht dies anders, verbittet sich bekanntermaßen die „Lehrmeister aus dem Westen“ und verweist stattdessen auf eigene Lösungsansätze den Prinzipien „chinesischer Weisheit“ folgend.

China wiederum fordert von Deutschland, sich dem „neuen Kalten Krieg“ und der „Entkopplung“ entgegenzustellen und weiter auf Partnerschaft zu setzen. Der Konflikt zwischen den USA und China schwingt im Buhlen um den wichtigen Wirtschafts- und Industriestandort Europa stets mit. Die von China unterstützte „strategische Autonomie“ der EU ist so gesehen eine Art „Entkopplung“ in die andere Richtung und wäre damit ganz im Sinne Pekings. Stichwort „multipolare Weltordnung.“

Während die deutschsprachige Presse hauptsächlich Differenzen hervorhebt, wird von chinesischer Seite das Potential von „Win-win“-Kooperationen hervorgehoben.

Kommentar – “De-Risking“ versus „Win-win“

Die deutsche China-Politik der Merkel-Jahre mit möglichst wenig Reibung ist Vergangenheit. In Deutschland wie in der EU nimmt eine neue China-Politik langsam Gestalt an; wenn auch oftmals uneinheitlich bei 3 Regierungsparteien bzw. 27  Mitgliedstaaten und dementsprechend vielen unterschiedlichen Interessen. Und das ist gut so.

Denn China zieht ihrerseits die eigenen roten Linien selbst mit dickem Stift, vertritt diese selbstbewusst bei jeder Gelegenheit und verfolgt eigene Ziele knallhart, wie der Besuch des chinesischen Außenministers erneut verdeutlicht.

Außenminister und sogenannter „Wolfskrieger“ Qin Gang zitiert diese Linien aus der Verfassung

Auf dem geopolitischen Spielbrett ist Deutschland für China letztlich ein weiterer Spielstein, wenn auch ein strategisch wichtiger. Für Außenminister Qin war Berlin nur ein Zwischenstopp von vielen. Von dort reiste er erst nach Frankreich und weiter nach Norwegen.

Direkt vor seiner Ankunft in Europa besuchte Qin Gang das Außenministertreffen der Mitglieder der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) in Indien, verbrachte danach jeweils zwei Tage in Myanmar und Pakistan. In Myanmar führte Herr Qin Gespräche mit dem dortigen Militärmachthaber, in Pakistan nahm er an Verhandlungen mit den afghanischen Machthabern, den Taliban, teil.

Darum ist es für Deutschland und die EU wichtig, die eigenen Themen und Interessen ebenso offen wie selbstbewusst anzusprechen und sich mit dem Gegenüber auszutauschen. Bestenfalls auf europäischer Ebene und mit Partnern abgestimmt. Auch mit dem „nicht-Wertepartner“ China muss man über den Klimaschutz hinaus auf nicht nur auf politischer Ebene im Gespräch bleiben.

Randnotiz: Die Fahrt mit dem Hochgeschwindigkeitszug von der Hafenstadt Tianjin in die Hauptstadt Peking (ca. 120km) dauert übrigens etwa eine halbe Stunde. Die über 300 Km/h schnellen „Velaro“-Züge werden als Gemeinschaftsprojekt von Siemens und CNR Tangshan und CNR Changchun hergestellt. Der schnellste Zug auf Deutschlands Gleisen ist der ICE3 mit bis zu 300 Km/h.

Randnotiz II: Die Bundesregierung hat heute die Übernahme einer Minderheitsbeteiligung von Cosco (24,9%) am Hamburger Container-Terminal Tollerort genehmigt. Gegen den Widerstand des Außenministeriums und anderer Ressorts.

Mehr China-Deutschland / dem Außenministertreffen von Frau Baerbock und Herrn Qin:

SZ: Die neue deutsch-chinesische Normalität

NDR: Grünes Licht für Cosco-Beteiligung an Container-Terminal in Hamburg

FAZ(€): Worte sind nur die eine Seite

Mehr Beiträge zu den China-Positionen deutscher Parteien

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